10 Jahre Blühstreifen: Interview mit einem Rübenanbauer
Für uns in der Südzucker Zucker Division ist die Förderung der biologischen Artenvielfalt eins unserer Schwerpunktfelder im Rahmen der allgemeinen Nachhaltigkeitsstrategie. Hierzu arbeiten wir mit unseren Anbauern zusammen, um die Biodiversität in Ökosystemen zu fördern. Beispielhaft hierfür sind die Blühstreifen, die seit 2014 an den Rändern der Rübenfelder wachsen. Deshalb feiern wir dieses Jahr Jubiläum – 10 Jahre Blühstreifen bei Südzucker! Hierzu haben wir mit einem Landwirt der ersten Stunde dieses Projekts gesprochen.
Thomas Kolb ist Saulheimer Landwirt in fünfter Generation und leitet einen konventionellen Betrieb mit Getreide (Gerste, Weizen), Weinbau, Luzerne und rund 45 ha Zuckerrüben. Für das Interview fahren wir mit Herrn Kolb zum Feldrand und stehen vor einer beeindruckenden Kulisse: Blühstreifen im Vordergrund, dahinter ein Rübenfeld soweit das Auge reicht und Windräder am Horizont, die das Bild vervollständigen. So dicht an den Blühstreifen, sieht und hört man, wie viel Bewegung zwischen den Blumen herrscht – von Bienen bis hin zu Schmetterlingen – hier ist richtig was los.
Südzucker: Herr Kolb, Sie sind Pionier der ersten Stunde – was hat Sie damals persönlich dazu bewogen, Blühstreifen anzupflanzen?
Thomas Kolb: Die Biodiversität zu fördern. Und vor allem auch, um Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und darauf aufmerksam zu machen, dass es nicht nur den Kulturanbau gibt, sondern auch, dass wir uns Gedanken darum machen müssen, was wir zukünftig im Einklang mit der Natur erreichen können.
Südzucker: Und dann haben Sie Blühstreifen angelegt – wie war denn das Feedback?
Thomas Kolb: Das Feedback war positiv und negativ. Es gibt viele Leute, die immer wieder sagen, dass die Blühstreifen schön sind. Vor allem die Radfahrer, die hier oft vorbeifahren. Aber es gab auch schon negative Reaktionen, zum Beispiel wenn an unsere Erklärtafeln Hinweise mit der Aufschrift „EU-Subventionsbranche“ angebracht werden – das gibt es dann halt auch. Von den Landwirten aus der Region kam bislang weniger Feedback.
Südzucker: Wenn Sie durch ihre Blühstreifen und Felder laufen – welche Veränderungen merken Sie?
Thomas Kolb: Dass der Insektenbesatz deutlich höher ist und auch, dass Insektenarten dabei sind, die man so vielleicht noch nicht kennt. Auch viele Vögel wie beispielsweise Fasane oder Rebhühner haben wir nun ein bisschen mehr. Hin und wieder entdeckt man in den Blühstreifen auch Nester – auch von Feldlerchen oder ähnlichem.
Südzucker: Was ist ihrer Meinung nach die wichtigste Funktion von Blühstreifen?
Thomas Kolb: Die Förderung der Insektenvielfalt, der Artenvielfalt und die Öffentlichkeitswirksamkeit. Gleichzeitig natürlich die Vorteile für Wildtiere: Die Rebhühner haben nun noch eine Rückzugsmöglichkeit – auch Feldhasen und Rehkitze sehen wir immer mal wieder.
Südzucker: Hat sich die Fläche der Blühstreifen in den letzten 10 Jahren verändert?
Thomas Kolb: Ich habe immer relativ die gleiche Fläche an Blühstreifen. Ich bestelle jedes Jahr die gleiche Menge Saatgut. Natürlich hängt die Aussaat dann unter anderem von der Kapazität und auch der Witterung ab. Das, was wir heute sehen, ist natürlich der Optimalfall.
Südzucker: Was würden Sie sich für die Zukunft – mit Blick auf Biodiversität – wünschen?
Thomas Kolb: Ich würde mir wirklich wünschen, dass sich noch mehr Betriebe daran beteiligen und wir uns noch viel mehr vernetzten würden. Denn für die Förderung von Wild und Insekten wäre es deutlich besser, wenn wir vernetzte Strukturen mit verschiedenen Schlägen hinbekommen würden. Das wäre mein Wunsch für die Zukunft.
Südzucker: Wie könnte man dies erreichen?
Thomas Kolb: Gerade dieses Thema geht immer etwas unter und benötigt noch mehr Aufmerksamkeit. Die Verbände und Südzucker können noch direkter auf die Möglichkeit der kostenlosen Blühstreifen-Saatgutbestellung über das Südzucker-Rohstoffportal hinweisen. Denn bei vielen scheitert es schon an den Kosten für das Saatgut, zudem habe ich ja auch noch die Arbeit, die ich dafür aufbringe und verliere einen Teil der Anbaufläche.
Südzucker: Wie könnte man Biodiversität noch weiter fördern?
Thomas Kolb: Neben dem Sponsoring von Blühstreifensaatgut auch einen Zuschuss für die Arbeit zu bezahlen, die man dafür aufbringt oder für die Fläche, die man dadurch verliert. Am Ende des Tages müssen wir das mit einkalkulieren – das ist schließlich unser Unternehmen – und hier müsste es finanziell einfach noch interessanter gemacht werden. Außerdem muss man sich mit der Politik zusammensetzen und überlegen, wie genau die Förderungsmöglichkeiten zusammengesetzt sind, z.B. auch für einjährige Blühstreifen.
Südzucker: Ihr Praxis-Tipp: Was würden Sie raten, wenn jemand über die Anlage von Blühstreifen nachdenkt?
Thomas Kolb: Das Stück auf jeden Fall genauso vorbereiten, wie wenn man eine normale Kultur anbaut. Es ist wichtig, dass man keine Flächen nimmt, die einen Distelbesatz haben oder stark verunkrautet sind. Und ich würde sagen mindestens 5-6 Meter breit ist die Mindestbreite, die man haben sollte – so wie man es hier bei mir am Feldrand sieht.
Südzucker: 10 Jahre Blühstreifen – Ihr Fazit?
Thomas Kolb: Ich finde schon, dass sich die vergangenen Jahre in der Öffentlichkeit etwas getan hat und die Öffentlichkeitsarbeit etwas bewirkt. Trotzdem müsste das Thema noch mehr in die Breite gestreut werden und es müssten noch viel mehr Anbauer mitmachen. Einfach noch ein bisschen mehr. Ich werde auf jeden Fall dabeibleiben und vielleicht auch in Zukunft noch etwas mehr machen.
Wir bedanken uns recht herzlich bei Thomas Kolb für das Interview, seine Gastfreundlichkeit und sein großartiges Engagement für Biodiversität.
Das Südzucker Blühstreifen-Programm auf einen Blick
Bereits seit 2014 stellen wir unseren Zuckerrübenanbauern jedes Jahr kostenlos eine speziell zusammengestellte und auf Rübenfelder abgestimmte Blühmischung bereit, mit der sie in der Nähe ihrer Zuckerrübenfelder Blühwiesen anlegen können. Um eine möglichst lange Blühdauer zu erreichen und unterschiedliche Insekten anzulocken, haben wir für unsere Blühmischung unterschiedliche Pflanzensorten mit verschiedenen Blühterminen ausgewählt.
Die Gesamtzahl der Blühstreifen in allen Südzucker-Anbauländern (Deutschland, Frankreich, Belgien u. Polen) hat sich in den letzten Jahren immer weiter gesteigert. Im Jahr 2023 haben unsere Landwirtinnen und Landwirte rund 2.600 Blühstreifen angelegt.
Anzahl der Blühstreifen seit 2014
Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern, Landwirten und Kunden
Neben unserem Blühstreifen-Programm haben wir mit dem Institut für Agrarökologie und Biodiversität in Mannheim (IFAB) eine langfristige Zusammenarbeit zum Verständnis der Auswirkungen der Blühstreifen auf die Biodiversität aufgebaut. Ein zentrales Ergebnis ist ein merklicher Anstieg der Biomasse von Bestäubern und nützlichen Insekten in diesen Blühstreifen um 500 % im Vergleich zur Kontrollfläche (vgl. IFAB Research 2023).
Als weiteren Schritt auf unserer Biodiversitäts-Roadmap hat die Südzucker Zucker Division die “Südzucker-Allianz Biodiversität” ins Leben gerufen – ein Bündnis zwischen unseren Landwirten, Südzucker und interessierten Industriekunden, um zusammen die Biodiversität zu fördern. Gemeinsam mit dem IFAB haben wir einen Katalog an Biodiversitätsmaßnahmen entwickelt und mit ausgewählten Landwirten sondiert, aus dem die teilnehmenden Landwirte Maßnahmen zur Umsetzung auf ihren Betrieben auswählen können.
Die Fortschritte und Ergebnisse, die von den Landwirten Schritt für Schritt transparent berichtet werden, dienen auch als Grundlage für zukünftige Verbesserungen. Im Rahmen dieser bilateralen Vereinbarung mit Südzucker werden die teilnehmenden Landwirte für ihre Bemühungen zusätzlich zum normalen Rübenpreis entlohnt.
Wer mehr zum Programm erfahren möchte, kann sich unsere Studie “Flower Strips and their Impact on Biodiversity -From 5-Year Scientific Research to the Südzucker Biodiversity Alliance” herunterladen. Darin finden sich detaillierte Ausarbeitungen zu den einzelnen Maßnahmen und deren Bewertung sowie die Programmübersicht.
Das Angebot richtet sich nicht nur an Landwirte, auch Kunden sind herzlich eingeladen, der Südzucker-Allianz Biodiversität beizutreten und Zugang zu Daten, Hintergrundinformationen, Marketingmaterialien und mehr für die eigenen Marken- und Produktkommunikation zu erhalten.